Es fing mit einem 33 Sekunden langen Video vor 14 Jahren an: Le Male by Jean Paul Gaultier. Die Kamera ist auf eine Gruppe junger Seemänner gerichtet, die, gerade erst von einer Seefahrt zurück, sich in einem Badezimmer frisch machen. Männerstimmen murmeln etwas auf französisch, ein Parfum wird herumgereicht, Haare werden geföhnt und Hemdkragen zurechtgerückt. Auch wenn die Szene zuerst an eine gewöhnliche Männerkabine nach einem Fußballspiel erinnert, so ist die Stimmung in diesem Fall doch weitaus festlicher, gedämpfter, sinnlicher. Am Ende des Videos schwenkt die Kamera ein letztes Mal durch den Raum. Die jungen Männer sind jetzt in Anzüge gekleidet, lehnen lässig am Badezimmerspiegel. Es fühlt sich wie der Moment vor einem Flutlichtspiel der Nationalmannschaft an. Die Spieler stehen in einer Reihe nebeneinander, singen die Nationalhymne und in den nächsten 90 Minuten wird es um Alles oder Nichts gehen.
Die Szene hat etwas verheißungsvolles, womit wir beim Grund angelangt werden, warum mich dieses Video als Jugendlicher ansprach und meine Faszination für Parfumwerbespotts entfachte. Es war eine Vorstellung von Abenteuer und Schönheit, die sich für mich mit dieser Art von Filmkunst verband, denn der Abend für diese jungen Männer ging schließlich weiter. Sie befanden sich höchstwahrscheinlich in einer Hafenstadt. Marseille, Buenos Aires oder New York - In einem dieser Städte musste sich dieses Badezimmer befinden, von dem die Seemänner nun in die Nacht aufbrechen würden. Es war eine Sehnsucht, die heranwachsende Jungs in jeder Generation ergreift: Die große weite Welt. Ernst Jünger beschreibt diese Sehnsucht im Beginn seines Romans "In Stahlgewittern" oder auch in "Das Abenteuerliche Herz". Ein Bild, das mir dabei in den Sinn kommt, ist der Jüngling der abends am Kai steht und den Schiffen bei der Ausfahrt aus dem Hafen zuschaut. Bei mir war es nicht so sehr das Bild des Kriegers und Abenteurers, wie es von Jünger beschrieben wird. Meine Eroberungszüge spielten sich in Manhattan oder in einer Cocktailbar in Rio de Janeiro ab, während im Hintergrund "The Girl from Ipanema" spielte. Verkörpert wird dieser Traum durch Figuren wie Don Draper (Mad Men), Harvey Specter (Suits) oder James Bond. Es war ein ästhetisches Ideal, dass sich in diesen Männern ausdrückte, wie auch in den jungen Seemännern von Jean Paul Gaultier. Vorerst möchte ich es bei diesem Bild des Verheißungsvollen belassen, dass sich für mich im Werbespot von Jean Paul Gaultier ausdrückte und das damals meine Fantasie anregte, wie das abendliche Ausfahren eines Dampfers aus einem Überseehafen.
Hier ist eine Auswahl von verheißungsvollen Parfumwerbespots:
Le Male von Jean Paul Gaultier: https://www.youtube.com/watch?v=OjynuL3h2mw
La Nuit de l'Homme von Yves Saint Laurent: https://www.youtube.com/watch?v=WE8f7ldy_dc
Valentino Uomo von Valentino: https://www.youtube.com/watch?v=ob8AvI3Zfag&t=32s